Hintergründe zum Modellprojekt „Ehrenamtskoordination" in der Diözese Rottenburg-Stuttgart
Im Jahr 2014 hat die Diözese Rottenburg - Stuttgart eine groß angelegte Studie zum Thema Ehrenamt in Auftrag gegeben - die Pragma Studie. Sie finden den Forschungsbericht auf der Homepage der Diözese unter folgendem Link: Ehrenamt verbindet | Engagement bunt und vielfältig.
Im Januar 2018 starteten zehn Ehrenamtskoordinatoren*innen mit einem Stellenanteil von 50 % in verschiedenen Seelsorgeeinheiten. Sie sollen den Wandel im Ehrenamt aktiv mitgestalten und vielfältige Entwicklungen anstoßen. Mit diesen Projektstellen, ausgelegt auf fünf Jahre, möchte die Diözese den tiefgreifenden Strukturwandel im Ehrenamt aktiv gestalten. Die gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen dienen einer Weiterentwicklung der Ehrenamtskultur. Die Stellen sind ein wichtiger Beitrag innerhalb des diözesanen Prozesses „Kirche am Ort – Kirche an vielen Orten“. Baden-Württemberg gehört zu den Spitzenreitern im Engagementranking der Bundesländer: ca. jede*r zweite engagierte sich 2014 freiwillig laut einer Pressemitteilung des Landes vom 05.07.2016 zum Freiwilligensurvey 2014. Mit Blick auf eine weitere Zunahme des Engagements infolge der sog. Flüchtlingswelle konstatierte Ministerpräsident Winfried Kretschmann 2016: „Ehrenamtliches Engagement hat in Baden-Württemberg eine lange und starke Tradition. Darüber bin ich sehr froh, denn unser Land lebt von seiner offenen und vitalen Bürgergesellschaft.“
Auch Bischof Dr. Gebhard Fürst betonte in seiner Begrüßung zum 2. Ehrenamtskongress der Diözese unter dem Motto „Ehrenamt-verbindet“ 2017: „Das freiwillige Engagement ist ein unschätzbarer Reichtum unserer Diözese. So viele Menschen bringen ihre unzähligen Erfahrungen und ihren Glauben ins Spiel. Sie setzen sich ein mit ihrer Kompetenz und ihrem Mut und ihrer Phantasie. Sie investieren Kraft und Zeit. Sie geben der Kirche ein Gesicht an vielen Orten und in ganz unterschiedlichen Bereichen.Sie alle, die Getauften und Ihre Charismen sind der eigentliche Reichtum der Kirche. Dafür bin ich als Bischof von Herzen dankbar.“
Was kennzeichnet das Ehrenamt 4.0? Wenn langjährige ehrenamtlich Engagierte in den Kirchengemeinden hören, dass immer mehr Menschen bereit sind, etwas zu tun, wundern sie sich sehr. Sie erleben, dass Aufgaben auf immer weniger Schultern verteilt werden, dass es schwierig ist, Mitstreiter*innen zu finden. Auch der aktuelle Freiwilligensurvey und Engagementbericht der Bundesregierung belegen bundesweit, den positiven Trend im freiwilligem Engagement: Ca. 40 % der Befragten engagieren sich, aber sie tun es weniger umfänglich. Das heißt, sie begrenzen den zeitlichen Rahmen, die Dauer und den Aufgabenumfang ihres Engagements. Sie sind weniger bereit, Leitungsaufgaben zu übernehmen und bevorzugen selbstorganisierte Formen. Sie wollen eine „sinnvolle“ Tätigkeit, die eine Alternative zum beruflichen Alltag darstellt. Die Digitalisierung prägt das neue Engagement. Diese Entwicklung wurde in den zurückliegenden zwei Jahren durch die Pandemie beschleunigt. Das Ehrenamt 4.0 wird durch ein Engagement gekennzeichnet, dass auf Selbstbestimmung pocht und sich einer „Verplanung“ entzieht. Veränderungen zeigen sich beispielsweise in folgenden Tendenzen im Ehrenamt: weg von der Verpflichtung zur selbstgewählten sinnvollen Aufgabe, weg von einem hohen Verantwortungsgefühl für die Trägersituation hin zu einem selbst bestimmten und selbst gestalteten Engagement, weg von der Rolle des/r Helfenden oder der/des Assistierendenhin zum/zur gleichwertigen freiwilligen und anerkannten Mitarbeiter*in, vom Beteiligten zum Akteur/zur Akteur*in, vom Engagement zum Wohl einer Organisation und ihrer Zugehörigkeit zur biografischen Passung, von der Dauerverpflichtung zum zeitbegrenzten Projekt.
Ehrenamtsentwicklung ist auch Kirchenentwicklung. Oft wird in der Kirchengemeinde an die Aufgaben gedacht, die erledigt werden müssen und weniger an die Menschen und ihre Potentiale. Menschen binden sich heute immer weniger langfristig an ein ehrenamtliches Engagement. Wenn sie eine Idee haben, wollen sie mitbestimmen, mitgestalten und auch mitentscheiden. Ihre ganz persönliche Professionalität soll in ihrem Ehrenamt auch eine Rolle spielen. Sie wollen nicht in die Fußstapfen von anderen treten.
Was bedeutet das für unsere Kirchengemeinden? Das Ehrenamt wird sich verändern. Wir werden uns von liebgewonnenen Aktivitäten auf lange Sicht verabschieden und neue Engagementformen und -inhalte entwickeln und zulassen. Wir wollen Ehrenamtliche ausdrücklich dazu ermutigen, zu experimentieren. Zeitlich überschaubares Ehrenamt ist gewünscht und in kleinen Projekten möglich. Wichtig ist dabei die Vernetzung mit anderen Organisationen, die Wertschätzung von ehrenamtlicher Tätigkeit, Fort- und Weiterbildung und ein/e verlässliche/r Ansprechpartner*in.
Diese Grundlagen zur Ehrenamtskoordination in der Diözese Rottenburg-Stuttgart wurden von Brigitte Schäfer erstellt (Ehrenamtskoordination bis September 2021) und von Sigrid Schorn aktualisiert. (November 2021)
Was bedeutet das für die Ehrenamtskoordination? Ich bin für Ehrenamtliche da, als Ansprechpartnerin, als Netzwerkerin, als Ermöglicherin. Sprechen Sie mich an, nehmen sie Kontakt zu mir auf. Ich freue mich auf das Gespräch mit Ihnen. Erreichbar bin ich über die Pfarrbüros oder direkt und persönlich unter 0160/94974264 in der Regel Dienstagvormittag, Donnerstagnachmittag und freitags. Am besten schreiben Sie mir eine Mail unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Vielen Dank!